Radfahren Brücke Fluss

Drei Regionen, eine Radreise

Drei Regionen, eine Radreise: vielseitig radeln in Stadt.Land.Geest

von Janna Kamphof

Ein Radurlaub, drei schöne Regionen: der Nordwesten Deutschlands hat für Radfahrer einiges zu bieten. Wer in Oldenburg und Umgebung radelt, kann sich über tolle Landschaften, überraschende Highlights am Wegesrand und eine abwechslungsreiche Natur freuen. Unter dem Motto Stadt.Land.Geest haben sich die Stadt Oldenburg und die beiden angrenzenden Regionen Oldenburger Münsterland und der Naturpark Wildeshauser Geest zusammengeschlossen. Und nach einer mehrtägigen Radtour kann ich gut nachvollziehen, warum. Ich nehme dich mit auf meine Radreise!

Radfahren durch das grüne Oldenburg

„Oldenburg hat eine schöne Innenstadt, sogar mit der ältesten Fußgängerzone Deutschlands. Es gibt viel Grün. Und es ist immer etwas los“, antwortet mir Jara Hasselder von Oldenburger Tourismus auf meine Frage, warum sie hier gerne lebt und arbeitet. Ob diese Dinge auf der Webseite groß geschrieben sind? „Oldenburger sind bescheiden“, lacht Jara. „Aber wenn du hier unterwegs bist, wirst du das alles selbst entdecken.“ Die Sonne ist gerade untergegangen und wir trinken noch etwas im Gleispark. Während man als Tourist meist so schnell wie möglich aus einem Bahnhofsviertel heraus möchte, lohnt es sich, in dem von Oldenburg ein wenig zu verweilen. In der Nähe des Bahnhofs wurde an einer alten Gleishalle einen neuen Hotspot geschaffen: ein Stadtstrand-trifft-cooles-Café. Eine Partie Pingpong oder einfach nur ein bisschen plaudern, hier lässt sich der Tag schön ausklingen. Es macht mich gespannt, was ich morgen bei der Radtour durch Oldenburg noch entdecken werde.

Vom Schlossgarten zum Hafen: Mit dem Rad durch das grüne und lebendige Oldenburg

Am Oldenburger Schloss treffe ich die Stadtführerin Maike. Heute wird sie mir mit dem Fahrrad die grüne Seite Oldenburgs zeigen. Und auf Grünes muss ich nicht lange warten. Schon nach wenigen hundert Metern radeln wir an einem Altarm der Hunte entlang. "An sommerlichen Wochenendtagen ist hier viel los. Sowohl mit Radfahrern am Wasser entlang, als mit Tretbooten auf dem Wasser", erzählt Maike. Weiter geht es zum Küstenkanal, der eine wichtige Verbindung zur Ems darstellt. Der Oldenburger Innenhafen spielt nach wie vor eine bedeutende Rolle in der internationalen Schifffahrt. Das sehen wir wenig später, als sich ein riesiges Transportschiff mit äußerster Präzision in der Schleuse parkt.

Weitere grüne Flecken, die uns auf unserer Route begegnen: der riesige Park Eversten Holz, die Dobbenwiese mit Dobbenteich und der Schlossgarten. Es ist überraschend, wie viel Grün es mitten in der Stadt Oldenburg gibt. Dazwischen radeln wir durch ruhige Wohngebiete mit schönen Gebäuden. Ein Baustil sticht dabei besonders hervor. "Das sind die so genannten Hundehütten", erklärt Maike, "zwischen 1880 und 1910 ließen sich wohlhabende Bauern ein zusätzliches Haus in der Stadt bauen. Charakteristisch für diese Häuser sind die geraden Linien, der Eingang an der Seite und der 'Gürtel' um das Haus." Und was auch auffällt: alle haben ein kleines Fenster unter der Dachspitze. "Das war früher offen", erklärt Maike, "dann konnte dort eine Eule nisten, nach dem Motto: Wer eine Eule auf dem Dachboden hat, hat keine Mäuse im Keller."

Zum Schluss radeln wir durch den Oldenburger Hafen. Zunächst durch den industriellen Teil, dann entlang der stadtnahen Promenade. In den letzten Jahren hat sich dieser Ort zu einem echten Hotspot mit toller Gastronomie entwickelt. Eines davon ist das OLS Brauhaus. Wir setzen uns auf die Terrasse mit Blick auf den Hafen und bestellen Bier und Burger. Die Entscheidung fällt uns gar nicht so einfach, denn die Bierkarte ist riesig: mit hausgebrauten Bieren und anderen regionalen Bierspezialitäten. Eine falsche Wahl kann man aber nicht treffen. Der Einkehr im Brauhaus ist eine schöne Art, die Radtour durch Oldenburg zu beenden.

Radfahren im Oldenburger Münsterland

Ein Besuch in Oldenburg lässt sich perfekt mit einer mehrtägigen Radtour durch die idyllische Landschaft des Oldenburger Münsterlandes verbinden. Diese Region liegt im Südwesten von Oldenburg. Ruhesuchende Radler, Kilometerfresser, Bikepacking-Neulinge und Genussradler sind im Oldenburger Münsterland genau richtig. Bei meiner Tour habe ich festgestellt: hier radelt man immer im Grünen, abwechselnd durch Wiesen, Wälder, Moore und Felder. Und unterwegs gibt es immer wieder schöne, kleine Überraschungen. Okay, ein paar werde ich dir schon mal verraten: das Freilichtmuseum in Cloppenburg, den Barfußpark mit Übernachtung im Baumzelt in Harkebrügge und den riesigen Stausee in der Thülsfelder Talsperre.

Radfahren im Naturpark Wildeshauser Geest

Meine Radtour endete aber nicht im Oldenburger Münsterland. Denn südlich von Oldenburg liegt eine weitere interessante Region: der Naturpark Wildeshauser Geest. Er ist der größte Naturpark Niedersachsens und die Einwohner nennen ihn auch Wilde Geest. Ich bin mal gespannt, wie wild der Naturpark ist. Geest kommt übrigens von ‚günst‘, was unfruchtbar heißt. Der Begriff bezieht sich auf die sandigen, unfruchtbaren Flächen, die ursprünglich mit Heideland bedeckt waren.

Startpunkt meiner Radtour ist Wildeshausen, wo ich mit dem Bus aus Oldenburg hinfahre und im Filleberger Hof übernachte. Am nächsten Morgen fahre ich zunächst zum Pestruper Grabhügel. Die buckelige Landschaft hat eine interessante Geschichte. Die Hügel sind nämlich Grabhügel, insgesamt mehr als 530 auf einer Fläche von 53 Hektar. Jetzt im Spätsommer sind sie mit lila blühendem Heidekraut bedeckt. Dazwischen schlängeln sich sandige Wege, die zu einem kurzen Spaziergang einladen. Diese Grabhügel aus der Eisen- und Bronzezeit sind nicht das einzige geologische Highlight in der Wildeshauser Geest. Es gibt mehrere Orte, an denen Großsteingräber und Findlinge gefunden wurden, wie zum Beispiel die Reckumer Steine, die ich kurz danach auf meiner Fahrradtour sehen werde.

Permakultur und Pflanzen probieren im Essgarten

In Winkelsett besuche ich den Essgarten, einen der ältesten und artenreichsten Waldgarten in Deutschland. Malou führt mich durch den Garten und erzählt mir von den Pflanzen, Bäumen, Sträuchern und anderen Gewächsen, die wir unterwegs antreffen. "Im Waldgarten wird nach dem Prinzip gepflanzt: Einmal pflanzen, immer wieder ernten", erzählt Malou. "Außerdem wird in drei Ebenen gepflanzt: niedrige Kräutersorten auf dem Boden, dann die Büsche und Sträucher und darüber die Bäume. Nach der Idee der Permakultur befindet sich hier alles in einem ständigen Kreislauf. Natürlich stirbt manchmal etwas ab, aber wir lassen es einfach liegen, weil es Nährstoffe für die Pflanzen drum herum liefert", erklärt Malou.

Neben den einheimischen Arten gibt es im Essgarten auch exotische Pflanzen. "Der Szechuanpfeffer zum Beispiel wächst hier hervorragend", sagt Malou, während sie einen kleinen, roten Knopf pflückt und ihn öffnet. "Halte die Schale mal an deine Zunge." Es prickelt und schmeckt frisch und würzig zugleich. Danach geht sie weiter zu einem Brennnesselstrauch und erklärt, dass man die Samen wie Chiasamen verwenden kann. Unkraut als Superfood, aus Deutschland sogar. "Wir sehen es als eine unserer Aufgaben, zu zeigen, was auf unserem Boden und in unserem Klima wächst", erklärt Malou. Und das ist viel mehr, als ich mir je hätte vorstellen können. Die Ernte wird bei Workshops und Seminaren zum Kochen verwendet. Dafür haben wir heute leider keine Zeit, aber dennoch gibt es einen frischen Smoothie mit Waldfrüchten, hausgemachtem Apfelsaft und Gundermann - einem eher unbekannten, aber schmackhaften und natürlich hier wachsenden Kraut.

Natur und Kultur im Naturpark Wildeshauser Geest

Ich setze meine Route in Richtung Harpestedt fort und mache unterwegs einen kurzen Halt im Scheunenviertel Koems. Nach einem Brand wurde das Dorf umstrukturiert, und wegen des Platzmangels auf den Höfen erlaubte der Magistrat den Bau von Scheunen und Schafställen außerhalb des Dorfes. Das hat den Vorteil, dass im Falle eines erneuten Brandes nicht wieder alles verloren ginge. Von den ursprünglich siebzehn Fachwerkhäusern können heute noch neun bewundert werden. Ganz entspannt fahre ich danach weiter durch den Wald in nördlicher Richtung. Bisher bin ich immer den Knotenpunkten gefolgt, aber hier weiche ich auf Empfehlung eines Mitarbeiters des Naturparks davon ab und mache einen Abstecher zur Ozeanbrücke. Diese Holzbrücke ist die einzige Möglichkeit, das sumpfige Delmetal zu überqueren. Woher der Name kommt, erfährt man, wenn man bis in den Stadtteil von Harpestedt auf der anderen Seite radelt: Klein Amerika.

Ich drehe jedoch um und fahre zum Kulturcafé Mikado. Es ist Teil eines Vereins, der unter anderem Workshops zu den Themen Persönlichkeitsentwicklung und Wildnispädagogik anbietet. Jeden Sonntag wird Kuchen gebacken und Kaffee gekocht für Wanderer, Radfahrer und andere Gäste. Alles ist biologisch, bis hin zu den Schokostreuseln auf dem Kuchen, und es gibt auch immer etwas für Veganer. Gestärkt von dem leckeren Kaffee und Kuchen fahre ich die letzten Kilometer zurück nach Wildeshausen. Dort steige ich wieder in den Zug zurück in die Niederlande. Meine fünftägige Radtour durch Stadt.Land.Geest ist vorbei. Wenn ich in den letzten Tagen eines entdeckt habe, dann ist es, wie vielseitig der Nordwesten Deutschlands für Radfahrer ist!

Schließen
Schließen